Freitag, 22. Mai 2015

Jacques Demy Retrospektive #4 - Klassiker der Extraklasse: Model Shop - Das Fotomodell (1968)




Jacques Demy spinnt die Geschichte seiner Lola weiter. Er will mit diesem Film Los Angeles erforschen, erkunden und damit seine Eindrücke von dieser Stadt wiedergeben, die er von der Stadt gesammelt hat. Denn das, was er sah, kannte er nicht aus anderen Filmen, weshalb er die Wirklichkeit, die er gesehen hatte, mit diesem Film darstellen wollte. Er ist ein Franzose in Amerika. Wir sehen L.A. aus seinen Augen. Demys männlicher Protagonist, an dessen Fersen er sich heftet, ist aber ein Amerikaner. Dieser junge Mann (Gary Lockwood, der gerade erst mit Stanley Kubricks »2001« einen Erfolg verzeichnen konnte und dessen Rolle zunächst an Harrison Ford gehen sollte, dem die Produzenten aber keine große Karriere prophezeihten...) ist ein arbeitsloser Architekt, der im Schlaf von der Liebe träumt, dessen Auto gepfändet werden soll und lustlos in den Tag lebt, bis er zufällig einer Frau (Anouk Aimée) begegnet, von der er sofort fasziniert ist. Diese Frau ist eine Fremde. Ihr Name ist Lola und arbeitet in einem Fotomodellshop. Sie, die aus Nantes stammt, verdient sich mit ihrer Arbeit das Geld für die Rückfahrt nach Frankreich, wo ihr Sohn in Paris auf sie wartet. Sie hat der Liebe abgeschworen seit der Scheidung von ihrem Mann Michel.



Demy füllt an dieser Stelle, wenn er Lola über ihre Vergangenheit berichten lässt, Lücken, beantwortet mögliche Fragen und verweist dabei auch auf seine Spielerin Jackie Demestre, die Protagonistin in seinem »La baie des anges« und vernetzt damit seine Filme wieder einmal. Sie wird also zurückkehren. Er, der eigentlich aus San Francisco stammt und somit in Los Angeles auch in gewisser Weise auch ein Fremder in Los Angeles ist, wurde zur Armee einberufen und muss bald in den Vietnam. Ihre Wege treffen und trennen sich immer wieder. Sie folgen einander, finden sich, verlieben sich und verlassen sich. Hoffnungen und Enttäuschungen werden wieder gegenübergestellt. Diese Ereignisse schildert Demy anhand eines eigentlich beinahe schon ganz gewöhnlichen Tages. Sein Film ist eine bodenständige Odyssee durch die Stadt mit ihren Häusern, Straßen und Menschen, in der Demy an verschiedene Orte führt, womit Demy hier vieles auch nur streift, so sind Hippies oder die Freundin des jungen Mannes, die eine Karriere als Schauspielerin anstrebt nur Randerscheinungen. Sicherlich ist das eine einfache Geschichte, die Demy hier zurückhaltend erzählt, da er sich mehr dem Erkunden der Stadt hingibt, dabei aber auch mit kindlich-reizvoller Neugier Los Angeles bebildert. Es ist so gesehen der amerikanische Film eines Franzosen.


6.5 / 10

Autor: Hoffman 

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