Jaques Demys »Lady Oscar« basiert auf einem japanischen Comic, der ebenfalls eine Animeserie nach sich zog, die ebenso wie der Film aus dem Jahre 1979 stammt. Der Film wurde mit einer englischen Darstellerin in der Titelrolle und dem Franzosen Demy als Regisseur besetzt. Demy beschrieb diese Dreifaltigkeit als surreal, aber auch als einen möglichen Weg, um so die französische Geschichte zu erzählen. Worum es Jacques Demy dabei aber auch geht, das ist das Spiel mit den Geschlechterrollen. Ein General wartet, nachdem seine Frau ihm bereits fünf Töchter geboren hat, auf die Geburt seines ersten Sohnes. Doch das erwartete Kind wird wieder ein Mädchen. Die Frau stirbt bei der Geburt. Er beschließt das Mädchen Oscar zu nennen und als Jungen zu erziehen. Sie ist ein Mädchen, dass lieber mit Jungen spielt und mit den Degen kämpft. Sie wird zur Leibgardistin von Marie Antoinette.
Michel Legrand, dessen Musik wahrscheinlich der (einzige) Höhepunkt des Films ist, liefert dazu wieder stimmungsvolle Melodien, mal träumerisch und mal geschwind. Das ist von Demy vornehm bebildert, gewandt inszeniert und adrett ausgestattet. Demy erzählt diese Geschichte jedoch auch lasch. Marie Antoinette (und eigentlich auch so gut wie jede adelige Figur) ist eine Karikatur. Sie ist ein oberflächlich-doofes und arrogant-umschwärmtes It-Girl, das sich nur um Kleidung und Männer kümmert, nicht um die Politik. Vieles wirkt überzogen, auch wenn sich der Film in erster Linie nicht als Komödie versteht. Irgendwie scheint Demy das andererseits auch nie ganz ernst zu nehmen, bis vielleicht auf die Probleme von seiner Lady Oscar, die sich zwischen Pflichten und Sehnsüchten sieht. Demys Ziel ist dabei klar, es ist die französische Revolution. Die Massen sind in Aufruhr und leben in Armut, diese werden aber nur äußerst nebensächlich behandelt, denn zumeist widmet sich Demy eher dem oberflächlichen Schlossleben. Das Drehbuch schreitet dahingehend nur behäbig voran.
Überhaupt muss man sagen, dass Demy auf seinem Weg dorthin überaus zerstreut wirkt: Daten, historische Persönlichkeiten, überflüssige Nebenplots (wie ein Mädchen, dass an einer Adeligen Rache für den Tod ihrer Mutter nehmen will), die Suche Oscars nach sich selbst. Das Ganze wirkt irgendwie überladen und uneinheitlich. Demy kann hier keinen klaren Weg einschlagen und das lässt viele Konflikte oberflächlich wirken. Inbesondere die unausgesprochene Liebe zwischen Oscar und André, ihrem Freund aus Kinderzeiten, wirkt, trotz der Tatsache, dass sie letztlich den besonderen Schlusspunkt der Geschichte bildet, leidenschaftlos an Eckpunkten abgearbeitet. Und ein ganz anderes Problem ist daneben noch, dass die androgyne Ausstrahlung von Lady Oscar durch die doch eher feminine Catriona MacColl mehr Behauptung als Tatsache bleibt. Das ist gerade bei einem solchen Film, dessen Fokus teils darauf liegt, eher misslich. Es lässt sich daher gut nachvollziehen, dass dieser Film von Jacques Demy floppte.
5.0 / 10
Autor: Hoffman
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