Freitag, 12. Februar 2016

"When you want to shoot, shoot. Don't talk!" - Klassiker der Extraklasse: Zwei glorreiche Halunken (1966)



Sergio Leones "The Good, the Bad and the Ugly" scheint mit jeder Sichtung einfach noch größer zu werden, als er sowieso schon ist. Angesiedelt in den Wirren des Amerikanischen Bürgerkriegs, wirkt der Film mit seinen drei Hauptfiguren und ihrer "Suche nach dem Schatz", die vor dem Hintergrund des Krieges eigentlich völlig trivial erscheint, relativ plump.

Doch dem ist nicht so! Wir schreiben das Jahr 1862, Amerika wird vom Bürgerkrieg heimgesucht: Städte sind zerstört, Menschen fliehen vor dem Krieg, ehemalige Freunde stehen sich nun bewaffnet gegenüber; es herrscht das reine Chaos. Inmitten dieser Wirren verdienen sich zwei (mehr oder weniger) glorreiche Halunken ihr Geld, in dem sie von Stadt zu Stadt die Leute verarschen... Sie interessiert es scheinbar nicht, was so um sie rum geschieht. Doch dann bekommen sie davon Wind, dass irgendwo da draußen, zwischen den Schlachtfeldern, eine Menge Geld auf sie wartet. Jedoch bekommt auch ein ziemlicher Fiesling Wind davon, und eine Odyssee durch den Bürgerkrieg sowie die Legende des Westerns beginnt.

"The Good, the Bad and the Ugly" strotzt nur so vor zynischem Humor, Westernstereotypen und jeder Menge Coolness. Alleine schon wenn Clint Eastwood, "der Gute", während seiner Einführung drei Menschen über den Haufen schießt und seinen Partner ohne berechtigten Grund im wahrsten Sinne des Wortes in die Wüste schickt, merkt man, dass man diesen Film am besten mit einem Augenzwinkern schauen sollte. Auch "der Böse" und "der Hässliche" wirken zunächst wie coole, abgebrühte Säue, die in keiner Situation den Schwanz einziehen und immer eine ironische Bemerkung auf Lager haben. Doch wenn man den Film in all seiner Größe auf sich wirken lässt, bemerkt man, dass Leone seine "Helden" (eigentlich gibt es hier nur "The Bad, the Bad and the Bad") als ganz normale Männer mit ganz normalen Gefühlen entlarvt.



Sehr gut bemerkt man das an der Rolle Eastwoods. Klar ist er den ganzen Film über der coole, scharfsinnige, wortkarge und zigarrenrauchende Antiheld, jedoch wirkt er zu Beginn fast schon bösartig, da er seinen Partner Tuco ohne wirklich erkennbaren Grund fallen lässt und sich scheinbar nicht drum schert, was aus ihm wird. Doch mit fortschreitender Laufzeit zeigt er immer mehr menschliche Züge. Die Reise durch das Amerika während des Bürgerkriegs scheint auch an ihm nicht ohne weiteres vorbei gegangen zu sein, und ihm scheint wohl auch klar geworden zu sein, wie kindisch diese egoistische Schatzsuche inmitten eines tobenden Kriegs, in dem Männer für nichts und wieder nichts in Massen sterben, ist: er bezeichnet den Krieg als "Blödsinn", kümmert sich um ein Kätzchen und wacht bei einem im Sterben liegenden Soldaten. Aber auch der draufgängerische Tuco wird an vielen Stellen als arme Sau, die eigentlich niemanden in ihrem Leben hat, der nicht ohne Bezahlung oder der Aussicht auf schnelles Geld an seiner Seite steht, dargestellt. Und sogar Sentenza, ein Mann, der keine Reue kennt, und der Menschenleben in Münzen misst, wirkt während der Szene im Fort der Konföderierten, als er zu Ennio Morricones "The Strong" langsam an den vielen verwundeten Soldaten vorbei schreitet, wenigstens für ein paar Minuten schockiert und fassungslos über all die Gräul des Krieges.

Diese Szene ist eigentlich sinnbildlich für Leones Stil zum Aufbau von Dramatik und Spannung in "The Good, the Bad and the Ugly" - und eigentlich auch in seinen anderen Filmen, doch hier ist es ihm wohl am besten gelungen. Leone nimmt sich viel Zeit, er gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, die perfekt eingefangene Umgebung auf sich wirken zu lassen. Wenn dazu noch eine der besten Scores der Filmgeschichte erklingt, gelingt es Leone immer wieder seinem Film, der ja vordergründig noch immer ein Italowestern (für die, die es nicht wissen: ein höchst billiges Genre in den meisten Fällen) ist, mehr emotionale Tiefe, mehr Dramatik, mehr Spannung, sprich, mehr Kinomagie zu verleihen. Ohne Leone hinter der Kamera wäre "The Good, the Bad and the Ugly" einfach nur einer von vielen Italowestern geworden, den man heute wohl längst vergessen hätte.




Natürlich sind die drei Hauptfiguren den größten Teil des Films über coole, knallharte und abgebrühte Antihelden, doch Leone macht, wie bereits geschrieben, an mehreren Stellen klar, dass das alles nur gespielt ist. Das sind drei Männer auf der Jagd nach dem großen Geld, drei Männer, die ohne es zu wollen mehrmals zusammenarbeiten müssen. Wer sich auf solch ein Unterfangen einlässt, der darf keine Gefühle zeigen, der muss knallhart sein und auch mal über Leichen gehen, jedoch verkommt "The Good, the Bad and the Ugly" nicht zu einer plumpen Coolness Show, er ist schlichtweg perfekt ausbalanciert zwischen Ernsthaftigkeit, Tiefe, zynischem Humor und Western pur. Das ist es, was für mich großes Kino ausmacht. Dieser Film lädt zum Eintauchen ein, dieser Film macht Spaß, ist jedoch zugleich ernst, bietet coole Sprüche, hat einen fantastischen Soundtrack und ist großartig inszeniert. Unter all den billigen Italowestern, die Mitte der Sechziger entstanden ragt "The Good, the Bad and the Ugly" völlig zurecht heraus und ist schlicht ein genreübergreifendes Meisterwerk, das sich auch noch heute mit so gut wie jedem Film messen kann.



10/ 10

Autor: MacReady


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen