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Mittwoch, 18. Juni 2014

Ist´s im Westen besser? - Klassiker der Extraklasse: Berlin - Ecke Schönhauser (1957)



Noch vor dem Mauerbau in Berlin: Ein Junge, Dieter, kommt bei einem ihm vertrauten Kommissar der deutschen Volkspolizei an. Eine Rückblende erfolgt, die unheilvoll-tragisches verheißt. Gerhard Kleins Film ist einer dieser berühmten »Halbstarken«-Filme, ein Film über die Jugendlichen der DDR. Von Gerhard Klein durch und durch realistisch bebildert. Sprache (Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase!) und Bilder zeigen hier echtes, greifbares, authentisches und bringen das Zeitgefühl dem Zuschauer heute noch nah. Es sind nüchterne Bilder, die für sich sprechen, auch wenn Klein eher darauf Bedacht ist auf seine Figuren zu zugehen und sie demnach in das Zentrum der Bilder zu stellen, weniger also die Schauplätze, die eher gestreift werden, aber im Hintergrund dennoch aufblitzen. Der Schauplatz ist in diesem Fall (zumindest zum Großteil) der Prenzlauer Berg. Die Jugendlichen sind frech und schließen Wetten ab, bei denen es (natürlich!) um Geld geht, die andererseits auch ihr Rebellentum ausdrücken. Der Großteil von ihnen hat weder Geld noch eine richtige Arbeit. Mancher denkt da an das Abhauen in den Westen. Nur Dieter hat einen Job auf der Baustelle und somit auch Geld. Unter seinen Freunden ist er aber der Einzige. Die Erwachsenen wiederum, die etwa den Krieg noch nicht überwunden haben oder Geld sorgen haben, können nur Kritik und Gewalt (aus)üben an den Jugendlichen, teilen Schläge und harte Worte aus, welche die Jugendlichen treffen. Nur dieser zwar strenge, aber doch nachsichtige Kommissar der Volkspolizei versucht etwas zu tun.




Jugendliche und Eltern streiten hier. Die Eltern wollen die Jugendlichen einengen, die Jugendlichen aber suchen die Freiheit. Sie sind auf sich gestellt und geraten auf die schiefe Bahn (wenngleich die Ursache hierbei eher auf einen Einzelfall zurückzuführen ist) und wissen auf dieser rauen Straße letztlich nicht mehr wohin. Dieses Suchen in der Nacht und in den Straßen erreicht dabei in manchen Momenten (mögen sie auch nur so kurz sein) beinahe schon etwas lyrisches oder das hat zumindest eine ausdrucksstarke Straßenpoesie inne. Daneben erzählt Klein auch eine (eher wenig bedeutungsvolle) Liebesgeschichte zwischen Dieter und Angela. Der Inhalt ist über seinen zeitlichen Kontext hinaus sowieso eher schal. Klein legt sich eher auf das Bebildern der Situation fest. Darin liegt die Stärke seines Werkes. Er zeichnet das lebensecht ab, beugt sich aber letztlich der äußerst simpel gehaltenen und holzhammerhaften Einteilung von dem guten Osten und dem bösen Westen, denn auch wenn vorher (möglicherweise) positive Nuancen (= Dieters Freund Kohle kennt unzählige Filme aus dem Westkino und ist begeistert) zu entdecken sind, die letztlich aber mehr nebensächlich sind, als, dass sie wirklich bedeutend präsentiert werden würden, so bleibt es hier doch größtenteils ein Schwarz und Weiß, wie es schließlich das Flüchtlingslager in Westberlin (= als Verallgemeinerung für den Westen?) darlegt, das sich als anders erweist als gedacht, als kalt und erbarmungslos, in dem man niemanden mehr zurück in den Osten lässt und in dem die eiserne Faust regiert. Und auch das verwässerte (sowohl in moralischer als auch ideologischer Hinsicht) Ende untermauert nochmal dieses Schwarzweiß-Muster und aber auch damit steckt immer noch viel Zeitgefühl in diesem Werk, das es letztlich noch heute interessant macht.


6.5 / 10

Autor: Hoffman 

Freitag, 9. Mai 2014

Das Leben in einer Welt der Trümmer - Klassiker der Extraklasse: Irgendwo in Berlin (1946)



Gerhard Lamprecht schildert mit »Irgendwo in Berlin« das Leben der Menschen in der Nachkriegszeit. Er zeigt und beobachtet die Menschen und ihre Situation. Er zeigt in lebendig-trostlosen Bildern eine verfallene Stadt, in der überall Schutt und Asche liegen, in der Häuser zerbombt sind und manche von ihnen auch nicht mehr als Trümmer sind. Schon in seiner Overtüre, in der ein Taschendieb durch diese Ruinen verfolgt wird und die von Erich Einegg dynamisch-energiegeladen untermalt wird, zeigt Lamprecht all das. In diesen Ruinen, dort spielen auch die Kinder, sie spielen in ihnen als wäre es ihr großer (und gefährlicher) Spielplatz. Die Kinder sind dieselben, bloß die Zeiten sind andere, heißt es im Film. Und die Erwachsenen, die resignieren, können den Krieg nicht vergessen, sind traumatisiert oder versuchen sich durchzuschlagen mit Tricks, Geschäften, Betrügereien und Diebstählen (wie die Figuren des Diebes Waldemar oder der des Untermieter darlegen). Die Erwachsenen sind keine Vorbilder für die Kinder. Und die Kinder tun das, was die Erwachsenen ihnen vormachen oder vormachten.



Der Junge Gustav lebt allein mit seiner Mutter. Sie warten auf die Rückkehr des Vaters. Gustavs Freund Willi hingegen ist ein Flüchtlingskind, weiß weder wo Mutter noch wo Vater sind. Er lebt aber bei der Besitzerin eines Ladens und ihrem Mieter, der den Jungen verdirbt und für seine Zwecke ebenso benutzt. Er handelt illegal mit Waren und so tauscht er mit den Kindern Feuerwerkskörper gegen (von zuhause entwendete) Nahrungsmittel ein. Mit den Raketen wiederum spielen die Kinder auf ihrem »Spielplatz« den Krieg weiter. Schießen, machen kaputt und klettern auf die Ruinen. Sie kennen nichts anderes. Was sollen sie sonst tun? Gustavs Vater kehrt Heim als ein desillusionierter, abgenutzter und erschöpfter Soldat, der zunächst von seinen Sohn auch nicht wiedererkannt wird. Er ist ein Mann, der zu viel erlebt hat und den Krieg nur noch vergessen will, aber gleichzeitig nicht nach vorne schauen kann und alles zerstört vorfindet. Als er ging, versprach er, wenn er wiederkommen würde die Garagen (= sie stehen hier als Teil für das Ganze) wieder aufzubauen, nun hat er keine Kraft und keinen Mut mehr. Lamprecht erzählt das aufrichtig-emotional wie auch authentisch, wenngleich er hin und wieder zu abgedroschen-pathetischen, aber dabei stets effektvollen Gesten neigt. Andererseits weiß er in anderen Momenten damit genauso gut zu berühren, inbesondere wenn er sich auf seine Stummfilmzeiten zurückbesinnt. Und zuletzt appelliert er am Schluss mit diesem Film auch daran, die gemeinsamen Kräfte zu bündeln für einen Wiederaufbau und gerade hier zeigt sich auch noch einmal, dass Lamprecht viel Hoffnung in die junge Generation hegte, die den Schutt, den die Erwachsenen verursacht haben, ebenfalls wegräumt, bereit ist etwas zu tun und nach vorne zu schauen.

7.5 / 10


Autor: Hoffman 



Freitag, 7. Februar 2014

Ohne Erinnerung in Berlin - Kritik: Unknown Identity (2011)



Nach Jason Bourne verliert auch Liam Nesson sein Gedächtnis (zumindest ein bisschen davon) und darf sich fragen: Wer bin ich? Aber über den Wolken herrscht zunächst noch Frieden für Martin Harris (Liam Neeson) und seine Frau. Im winterlichen Berlin angekommen, wird gleich mal ein bisschen Sightseeing betrieben, hin und zurück, bis zum abrupten und einschlagenden Taxisprung in die Spree. Ein Unfall, der zu einem lückenhaften Gedächtnis führt, was nun hilft sind verschwommene Erinnerungsfetzen, denkt man. Nun ist er ein Unbekannter ohne Namen (selbst für die eigene Frau), Martin Harris ein anderer Mann (Aidan Quinn), er selbst ist ein Fremder geworden. Konventionell, aber angenehm und schneidig erzählt von Jaume Collet-Serra, der geschickt mit der Ungewissheit von Protagonist und Zuschauer spielt, so als Beispiel, dass man selbst zu Anfang nur Umrisse seines Hauptcharakters (Vorlesung - Frau - Doktor) erfährt, der genaue Hintergrund aber unbekannt bleibt. So zweifelt man selbst, wenn beide Seiten gleichermaßen ihre Überzeugungen glaubwürdig darstellen können. Daraus entwickelt  Collet-Serra einen spannenden Streifzug durch Berlin, in kühlen und edel hochpolierten Bildern, auf der Suche nach Antworten auf die Frage der wahren Identität; in einer multikulturellen Stadt, in der Anonymität der Großstadt. Es ist ein Film über Identitäten und das Schein und Sein dahinter, mit klassischen Bezügen zum Kalten Krieg und den großen Verschwörungen, getragen von einem zuverlässigen Liam Nesson, unterstützt von den Nebendarstellern: Kurios ist da Bruno Ganz als Ex-Stasi, sonderbar ist da Diane Kruger als illegale Einwandererin, die Taxifahrerin ist und Frank Langella gibt sich professionell-unscheinbar. Und auch wenn Collet-Serra alles andere als innovativ vorgeht, so ist sein Film doch auf seine Art vielfältig: Mal rustikal, mal berechenbar, mal furios in seinen Raumsprüngen durch ganz Berlin, ein besonders amüsantes Detail nebenher erwähnt; mal alptraumhaft in den Krankenhausfluren, mal raffiniert, mal banal und löchrig beim Plot, mal effektvoll mit einer Taxiverfolgungsjagd, mal explosiv im Adlon, aber immer irgendwie unterhaltsam.



6.0 / 10

Autor: Hoffman 

Dienstag, 22. Oktober 2013

»...so mußte leben!« - Klassiker der Extraklasse: Die Halbstarken (1956)




Es wirkt  fast so, als verlege Georg Tressler hier anfangs Rays farbenprächtigen und imponierenden »Rebel without a Cause« nach Deutschland (= Berlin), tauscht hingegen aber die goldenen Farben gegen die Nüchternheit der Schwarzweißbilder und interpretiert beziehungsweise beleuchtet das Leben der damaligen deutschen Jugend mit ganz eigenen Zeitkolorit. Das fühlt sich nah an, im Schwimmbad, in der Wohnung oder auf der Straße - dieser Realismus ist beachtenswert, der sich besonders in den lebendigen Figuren aufzeigt. Diese Dynamik der Charaktere wiederum überträgt sich auf die Bilder oder genau andersherum, das Bedeutende daran ist: Es funktioniert dadurch, dass Tressler dicht dran ist an den Figuren und an dem Leben, mit Prügel und Randal, der aus jugendlicher Naivität, Mut und Übermut profitiert, oder dem Widerstand gegen die Alten (= Erwachsenen), die noch mit ihren eigenen Problemen (= dem Geld) zu kämpfen haben. Spott über diese und der Versuch den eigenen Weg einzuschlagen, prägen sie wie auch der Traum von der Nobelkarosse und der Wohnung, sie streben nach Materialismus und festem Besitz (»...so mußte leben!«).



Horst Buchholz spielt beseelt die Rolle des Aufschneiders und Sprücheklopfers Freddy Borschert, der große Versprechungen (besonders den Frauen gegenüber) macht. Sein grinsender Blick in die Kamera ist glamourös, verdeutlicht zugleich aber seine Unreife und das Unbewusstsein seiner eigenen Situation, so ist er bestrebt darin seine (natürliche) jugendliche Unsicherheit hinter der Prahlerei zu verbergen. Bruder Jan Borschert (Christian Doermer), der den selbstständig gemachten Freddy nach einer gefühlten Weile wieder trifft, ist die direkte Figur zum Zuschauer, derjenige durch den Tressler dieses Zeitbild der Jugend vermittelt, er nährt sich der Gruppe von Halbstarken um seinen Bruder. Wie dem Zuschauer wird ihm diese Umgebung zugänglich gemacht, diese direkte Übertragung von Figur zu Zuschauer erleichtert somit die Teilnahme und das Verständnis am Handeln und Denken der Figuren, die versuchen sich durch Rebellion und Auflehnung zu verwirklichen. Der Plot um Raub und das Unglück dahinter kommt dagegen unausgegoren, ja geradezu unschöpferisch und altbacken daher. Das große und schnelle Geld durch kriminelle Machenschaften gibt es also mit Klischees und altbekannten Zutaten, die Untermalung bei einer solcher Aktion ist aber turbulent und eine Femme Fatale (Karin Baal) liefert Tressler auch noch, die einzig zu ihrem Vorteil, um alles zu besitzen, handelt. Da fragt sich nur, ob sie vor (oder nach) ihrem Handeln aus jugendlichem Übermut Bilanz ziehen werden und damit auch irgendwann die Erkenntnis des Lebens wahrnehmen werden und bereit sind es zu verstehen.



7.0 / 10

Autor: Hoffman