Dienstag, 22. Mai 2012

Ich liebe es Amerikaner zu sein - Kurzkritik: "Der Diktator"

Nein. Nein! Nein! Das darf doch nicht sein! Da hätte ich bei „Borat“ und „Brüno“  fast in den Kinosaal gekotzt und dann kommt ein majestätischer Diktatorenthusiast und macht mich zum Fan dieser grobkörnigen Satire eines Typen, den ich glaubte abgrundtief hassen zu müssen. Sacha Baron Cohen, bisher für mich ein unsäglicher Blödelkasper, ungerecht beliebt, nicht gerecht gehasst. Meine Einstellung, meine Worte und jetzt, jetzt muss ich mich revidieren, eine Entschuldigung muss her, denn der Mann hat mich begeistert, er, der Blödfisch, hat mich seit langer, langer, langer Zeit mal wieder richtig im Kino lachen lassen – was für ein Gefühl, ich vergaß, wie es war. In schwelgender Erinnerung an alte Diktatoren, die ihren Namen noch alle Ehre machten und in Erinnerung an Monty Python.

Beginnend mit einer Trauerbotschaft für den viel zu frühen verstorbenen Kim Jong Il, mit hübschem Foto hinterlegt, wird klar; Geschmacklosigkeiten werden hier nicht geschmackvoll geschliffen, in „Der Diktator“ bleiben sie rücksichtslos unkorrekt. Nach betrüblicher nordkoreanischer Betroffenheit schwenkt die Kamera auch schon alsbald zu ihm, den wadiyanischen Diktator Admiral Aladeen (Sacha Baron Cohen). Nicht nur eiserner Herrscher seines Landes, sondern auch wadiyanischer Chirurg, wadiyanischer Olympiasieger, wadiyanischer Oscarpreisträger und wadiyanischer Sprachkulturist. Unglücklicherweise scheint die UN zu glauben, er habe den Plan, den Westen mit Atombomben auszulöschen. Um diese „Verdrehung“ der Tatsachen aufzuklären, muss Aladeen zur UN-Konferenz nach New York, wo er hinterhältig entführt und ihm sein Bart abgeschnitten wird. Zwar kann sich der wadiyanische Anti-Demokrat befreien, aber ein Doppelgänger, ein wadiyanischer Ziegenhirt, wurde bereits von seinen ehemaligen verräterischen Gefolgsleuten engagiert. Und das Schlimmste: Dieser soll in wenigen Tagen eine demokratische Verfassung für das bisher diktatorische Wadiya unterzeichnen. 

Nicht immer ist „Der Diktator“ auf satirischem Höchstniveau. Manche Späße sind radikal fäkal, aber auch diese leben vom passenden Timing. Denn ehe es zu flach und uneffektiv wird, kommt ein Schnitt zur nächsten Szene und die ist es dann, die Kritik an politischen Führungspersönlichkeiten und Prozessen übt. Verblendung. Verschwörung. Die wohl schrägste Liebeserklärung seit langem. Irgendwie alles. Grenzen scheinen dem Diktator fremd zu sein. Und selbst das Bioladenklischee darf nicht fehlen und wird kräftig durch den Kakao gezogen. Mit Achelbehaarung trifft Biochefin Zoe (Anna Faris) auf Unmut beim verwöhnten Admiral Aladeen; er kann nicht begreifen, dass nach seiner heimlichen Entmachtung plötzlich nichts mehr nach ihm läuft, sondern er auch mit Gegensätzlichem klarkommen muss. Ein derber, hinterhältig-geistreicher Spaß.
Natürlich wird man sich fragen, ob man hier lachen darf. Und jedem sei gesagt: Ja, und wie man das darf. Ist einem bewusst, wie man diesen Film sehen sollte, nämlich als satirische Anspielung auf die Missstände weltlicher Politik und allerlei (Film)Klischees, dann bekommt man alles, was nötig ist, um dem wadiyanischen Diktator nur ein dankbares aladeen auszusprechen. 


9 / 10

Autor: Iso

4 Kommentare:

  1. Ca. 440 Wörter sind doch keine Kurzkritik mehr!:D Aber freut mich das er dir gefallen hat, sehr passend beschrieben.

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    1. Ich antworte euch beide mal auf einmal, da er wohl keine Zeit finden wird, da muss Hoffman den Laden schmeißen: Versuchs halt im Iso-Stil, der Überwerter (Kino macht ihn schwach) ist halt so. Und hast du die ehrlich gezählt?:-D
      Aber doch: Er muss seine Auseinandersetzungen immerhin an meinen messen und insofern ist das eine Kurzkritik. Immer im Vergleich sehen. Und da kommt niemand gegen Opa an. Und auch wegen der Bilder, lassen sich da so schwer machen. :)

      Grüße Hoffmänski

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  2. Das dachte ich auch Kevin :D .. Trotzdem gut geschrieben, auch wenn ich ihn nur mit 6,5 bewertete

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  3. Auch auf die Gefahr hin, dass das hier niemand mehr liest, aber erstmal danke und wegen dem Hin und Her bzgl. der Kurzkritik oder nicht: meine eigentliche Kritik zum Film beginnt ja erst im dritten Absatz, davor wars ja im Grunde nur ne Wiedergabe von Erwartungen und dem Inhalt - bis auf ein paar Ausnahmen. Daher die KK, da spielte die Wortanzahl mal ausnahmsweise keine Rolle, zumal wir bei uns, auch wenns längst überfällig wäre, noch keine Wortbegrenzung zwischen klein, normal und überdimensional festgelegt haben. :D

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