»Liebe ist kälter als der Tod. Das Kino wärmer als das Leben.« - Dies könnte man eigentlich schon wieder als einen der Standardsprüche seitens Rainer Werner Fassbinder wiedergeben in seiner konträren Art und so eigenwillig in seiner Aussage. Ich würde es fast als wiederum ironisch bezeichnen, dass Fassbinder somit auch sein Spielfilmdebüt mit den Worten »Liebe ist kälter als der Tod« (1969) betitelte, aber auch im Sinne der Handlung eine logische Parallele zog. Fassbinders Werk ist somit eigentlich die konsequente Weiterführung seiner beiden Kurzfilme "Das kleine Chaos" und "Der Stadtstreicher" aus dem Jahre 1966, wobei Fassbinder dabei besonders ersteren in seiner Dichte bei »Liebe ist kälter als der Tod« weiter ausbaut und den Film noir rezitiert.
Hierbei wird wohl auch Fassbinders Faszination für den amerikanischen Gangsterfilm bzw. B-Film erkenntlich, welchen er charakteristisch ja bereits in "Das kleine Chaos" aufzeigte. Eigentlich kann man Fassbinders Debüt hierbei wohl bestenfalls als ambitioniert oder experimentell bezeichnen. Mit vielen verschiedenen Versatzstücken der Filmgeschichte verbunden mit einer tiefen Melancholie in der Filmsprache, bei der Bildsprache vom Film noir bis hin zur stilistischen Gestaltung eines Jean-Pierre Melville Filmes. Karge Sets, wo man nur hinblickt. Die dabei geprägte Melancholie steigert sich später in Fassbinders unvergessliche Beiträge zum Genre des Melodram und seiner Liebe zu Douglas Sirk. Hier sind es schon Ansätze. Schon hier zeigt Fassbinder seine bühnenartige Inszenierung, die natürlich nicht an Künstlichkeit mangelt, besonders hier scheint mir das zwar noch etwas ungeschliffen, das ist interessant, auch wenn das Werk so teils doch sperrig oder öfters auch aufgesetzt wirkt. Aber man sollte Fassbinders Film wahrscheinlich auch als eine Art Experiment sehen. Fassbinder probiert sich selbst aus. Verschiedene Stile, Perspektiven oder Motive. Somit als Beispiel fokussiert sich Fassbinders Film auf das Thema der Liebe und Eifersucht, womit er auch Konsequenz in seiner dünnen Handlung voraussetzt.Ein vorgreifendes Motiv des Melodrams.
Dabei erzählt Fassbinder seinen eigenwilligen Gangsterstreifen äußerst gemächlich. Minutenlange und langatmige Aufnahmen tragen den Film, wobei die Handlung auf der Strecke bleibt - aber Fassbinder scheint mit dieser Stille, mit dieser Aktionsarmut zu provozieren - wie er es später auch in »Katzelmacher« tun wird - Zwischendrin: Zumindest war »Katzelmacher« sein folgender Film, in welchen er auch die Provokation noch deutlicher ausarbeitete. Aber auch bei »Liebe ist kälter als der Tod« sind diese Ansätze weitflächig vertreten. Fassbinder treibt den Zuschauer dazu sich zu wünschen, dass endlich etwas passieren würde. Spielt geschickt mit den Erwartungen seiner Zuschauer. Das macht ihn insofern doch unberechenbar. Außerdem Fassbinder im kalten Schwarz-Weiß-Ton. Dazu Uli Lommel als stilechte Delon-Kopie und schweigsame »Le Samourai«-Ausgabe, ganz nach Melville. Während Fassbinder selbst trotzig den Bad Boy und Zuhälter gibt mit samt edler Freundin im Milieu, Hanna Schygulla. Eine Freundschaft aufgebaut zum falschen Zwecke. Nutzen muss der Freund bringen. Falsche Karten werden gespielt und irgendwas mit einem Syndikat. Wie im Film noir halt. Demnach auch auch die musikalische Untermalung von Peer Raben - kunstvoll eingesetzt und wie die Wirkung von Fassbinders gesamten Film ungewöhnlich und trotzdem voller Elan und in dieser Hinsicht hingegen auch verstärkt trüb.
Welche sich insofern auch natürlich in der Bildsprache widerspiegelt. Passend zu Fassbinders ausführlichen Detailaufnahmen die klinischen Bilder mit trister Stimmung wie auch unterkühlter Atmosphäre. Stark unterkühlt. Starrende Blicke kreuzen die Kamera. Die Kälte der Protagonisten. Für mich stilistisch aber auch herausragend bewerkstelligt. Und fast absolut in der Symbiose mit Fassbinders experimentellen Erzählstruktur. Im Grunde könnte man daher wohl auch Fassbinders »Liebe ist kälter als der Tod« als eine wohlwollende Hommage an Melville und seinen »Le Samourai« sehen - dazu das »für« die Herren: Chabrol, Rohmer, Straub und Linio et Cuncho. Fassbinder nimmt es sich natürlich nicht seine eigene Handschrift kenntlich zu machen, auch wenn das Ganze hierbei noch etwas monoton bearbeitet wurde in seiner künstlichen Inszenierung, jedoch es sind die Anfänge eines großes Regisseurs. Das letzte Wort wirkt lange nach:»Nutte«.
7.0 / 10
Autor: Hoffman
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