Samstag, 8. Juni 2013

Weil Kino doch irgendwie was besonderes ist - Kritik: To The Wonder (2012)

‚Wenn zwei Menschen sich lieben, kann es kein glückliches Ende geben.‘
-Ernest Hemingway

Genau dieses Zitat schoss mir gegen Ende des Films durch den Kopf, denn ‚To The Wonder‘ handelt zwar von nichts anderem als Liebe, aber keine der Figuren findet sie hier. Dem stellt Malick allerdings mehrmals die Aussage gegen über, dass Menschen lieben sollen. Irgendwie sogar richtig und gut, aber halt auch ziemlich paradox…





… wie im Übrigen der komplette Film – und das sogar für Malick-Verhältnisse! Hatte sein letztes Werk, ‚The Tree of Life‘, immerhin so etwas wie einen Plot, der den Film oberflächlich betrachtet als Coming of Age Drama durchgehen lässt, erscheint ‚To The Wonder“ völlig losgelöst. Und ganz ehrlich: er hat es mir schwer gemacht, obgleich ich Malicks Stil sehr schätze. Der Film hat zwar so etwas wie eine Story, doch immer wieder scheint er sich gewollt zu verschließen. Antworten gibt es wie so oft bei Malick eigentlich nicht – starke Betonung auf „eigentlich“. Denn eigentlich ist die Antwort bei Malick irgendwie immer sehr einleuchtend und klar, allerdings arbeiten seine Filme seit ca. ‚The Thin Red Line‘ mit einem kryptischen Der Wald vor lauter Bäume Prinzip. Wir kennen die Antwort auf Malicks Fragen eigentlich schon längst, aber wir begreifen sie nicht bzw. wir setzen uns nicht wirklich damit auseinander. In einer Welt, in der Liebe immer mehr an Bedeutung zu verlieren scheint bzw kommerzialisiert und banalisiert wird, vergessen wir irgendwie, dass sie eigentlich jegliches Handeln bestimmt, und dass wir durch sie nicht wirklich glücklich werden, aber diesen Fakt einfach verdrängen, da er uns nicht ins Konzept passt. Malick spannt hier überdies einen Bogen zu seinem frühen Meisterwerk ‚Days of Heaven‘, dessen Aussage, dass der Himmel auf Erden bzw. Glück im Leben nie von wirklich langer Dauer ist, sich mit ‚To The Wonder‘ deckt. Auch die Flucht aus der modernen Großstadt – das industrialisierte Chicago war es damals, das moderne Paris heute – auf’s Land, in die Natur, erinnert an ‚Days of Heaven‘, denn damals wie heute bildet das Landleben so etwas wie den Himmel auf Erden, der allerdings wieder nicht von langer Dauer ist. Und das liegt wie in 'Days of Heaven' am Verhalten der Erwachsenen, die, trotz einer inneren Kälte, blind vor Liebe sind und sich naiver als ein Kind verhalten. Beides Filme, die pessimistischer sind als es ihr Gewand vermuten lässt.

Dennoch ist das hier kein munteres Selbstzitieren des Eremiten; ‚To The Wonder‘ besitzt wie ‚The Tree of Life‘ eine Eigendynamik: Man muss mit diesem Film mitgehen, um ihn irgendwie verstehen zu können. Der Zuschauer muss hier die Initiative ergreifen, da Malick ihm nur dann die Hand reicht. Man muss hier einfach mal den Alltag vor dem Kinosaal lassen. Fiel mir zugegebenermaßen nicht wirklich leicht, da ich wenige Stunden bevor ich diesen Film sah der Niederlage des VfB beiwohnen durfte, und daher ziemlich ramponiert war – Übrigens ist die Liebe zu einem Fußballverein auch ein gutes Beispiel dafür, dass man irgendwie nie glücklich wird.



Die ersten Minuten ging auch gar nichts, ich war regelrecht genervt, da ‚To The Wonder‘ bisher Malicks sperrigstes Werk ist. (Die Dialoge bspw sind wirklich absolut schablonenhaft. Erinnern aber irgendwie an die Werke Fassbinders. Und 'To The Wonder' fühlt sich auch ein wenig wie Fassbinder an. (Anmerkung: völlig subjektive Empfindung!)) Jedoch machte es irgendwann „klick“, und der Film hatte mich, und gab mir sehr viel zurück, denn, was Malick da macht, ist nicht gerade subtil, vielleicht sogar prätentiös, aber es ist eben Malicks Ding, das mir zumindest dann doch aus der Seele spricht, auch wenn es auf den ersten Blick oftmals unfassbar weit entfernt wirkt. Und ich denke, wenn man das verinnerlicht hat, bereitet der Film keine Probleme. Das wird allerdings nicht jeder können, was auch nicht schlimm ist, und nichts über den IQ des 'Betroffenen‘ aussagt. Malick ist einfach einer der letzten wirklich kontroversen Regisseure des Kinos. Denn schauen wir uns mal die Kinolandschaft im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts an: Da ist ein Haneke, der mit seiner Greis-Romanze völlig im Mainstream gelandet ist; ein Tarantino, der sich total angepasst hat; ein David Lynch, der irgendwie total untergetaucht ist; und so weiter und so fort… Malick hingegen polarisiert mehr denn je, da sein Frühwerk ja Kanonstatus genießt. Malick verbindet in seinem Kino so viel, was stellenweise irgendwie nicht zusammenpassen kann, aber in sich dann doch völlig stimmig erscheint. Mit David Cronenberg einer der letzten wirklich – auf ihre Art und Weise - subversiven Altmeister. Und genau so jemanden braucht es. Jemanden, der mit den Sehgewohnheiten gewollt bricht. Jemanden, der Konventionen hinter sich lässt. Jemanden, der mehr macht als Kino. Sondern Erlebnisse, deren wahre Größe weit über den Kinosaal hinausreicht. So ein Film hat von mir nur Höchstwertungen verdient.


9.0/10


Autor: MacReady

2 Kommentare:

  1. Oh mein Gott, wo sind eure abfotografierten Screenshots? :O

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    1. They are lost in time... like... tears... in ... rain.

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